Verteidigungs- und Militärprojekte erfordern aufgrund ihres besonderen Charakters und ihrer entscheidenden Bedeutung für die nationale Sicherheit besondere Maßnahmen zum Schutz von Verschlusssachen. In Polen müssen Auftragnehmer, die sich an öffentlichen Ausschreibungen für Verteidigungs- und Militärprojekte beteiligen, strenge Anforderungen zum Schutz dieser Informationen erfüllen. Werden Verschlusssachen mit der Einstufung „geheim“ oder „streng geheim“ verarbeitet, so ist etwa die Einrichtung einer Geheimregistratur in den Räumlichkeiten des Auftragnehmers erforderlich.
Die Einrichtung einer Geheimregistratur bedarf der Einhaltung einer Reihe von Rechtsvorschriften und die Anwendung spezieller Verfahren zum Schutz von Verschlusssachen. Es obliegt dem Auftragnehmer, ein geeignetes System zum Schutz von Verschlusssachen einzurichten, sodass ein Höchstmaß an Sicherheit für Verschlusssachen gewährleistet ist, deren unbefugte Weitergabe der Republik Polen erheblichen Schaden zufügen könnte. Es ist daher ratsam, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen, bevor der Auftragnehmer an einer öffentlichen Ausschreibung teilnimmt.
In diesem Artikel soll allgemein erörtert werden, wie eine interne Struktur für die Verwaltung von Verschlusssachen (Registratur) zu schaffen ist und welche Anforderungen ein Auftragnehmer erfüllen muss, der sich an öffentlichen Ausschreibungen im Verteidigungsbereich beteiligen möchte.
Teilnahme an einer öffentlichen Ausschreibung
Bei der Verarbeitung von Daten in Verschlusssachen, die als „geheim“ oder „streng geheim“ eingestuft sind, muss ein Unternehmer eine Registratur einrichten, um an öffentlichen Ausschreibungen im Rahmen von mit Verteidigungs- und Militärprojekten teilnehmen zu können. Einzelheiten sind in der Regel in den ersten Ausschreibungsunterlagen enthalten.
In den Ausschreibungsunterlagen werden häufig folgende Anforderungen an den Auftragnehmer gestellt:
1Sicherheitsüberprüfungen für Schlüsselpersonal
2ein industrielles Sicherheitszertifikat
3eine Beschreibung der Verfahren zum Schutz von Verschlusssachen, einschließlich physischer und technischer Sicherheitsvorkehrungen.
Es sei daran erinnert, dass öffentliche Ausschreibungen für Verteidigungs- und Militärprojekte oft noch zusätzliche Anforderungen in Bezug auf den nationalen und internationalen Schutz enthalten.
Verständnis der Vorschriften und Anforderungen an den Schutz von Verschlusssachen
In Polen gibt es folgende grundlegende Rechtsakte zum Schutz von Verschlusssachen:
- Gesetz vom 5. August 2010 über den Schutz von Verschlusssachen (im Folgenden: „VerschlG“) – regelt Fragen im Zusammenhang mit dem Zugang zu Verschlusssachen und die Pflichten von Stellen, die solche Informationen speichern, einschließlich der Grundsätze für die Verarbeitung von Verschlusssachen im Rahmen der Geschäftstätigkeit
- Durchführungsverordnungen des Ministerrats – enthalten detaillierte Regeln für die Organisation des Schutzes von Verschlusssachen, einschließlich der Anforderungen für die Einrichtung von Geheimregistraturen, z. B. die Verordnung des Ministerrats vom 29. Mai 2012 über physische Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von Verschlusssachen.
Was ist eine Geheimregistratur?
Eine Geheimregistratur ist eine gesonderte Einheit innerhalb der Struktur eines Auftragnehmers, die vom Leiter der Organisationseinheit eingerichtet wird und in der als „geheim“ oder „streng geheim“ eingestufte Informationen verarbeitet werden. Leiter der Organisationseinheit im Sinne der gesetzlichen Vorschriften ist der Leiter des Auftragnehmers, der beabsichtigt, sich um einen Vertrag im Zusammenhang mit dem Zugang zu Verschlusssachen zu bemühen oder einen solchen abzuschließen, der solche Verträge ausführt oder Aufgaben im Zusammenhang mit dem Zugang zu Verschlusssachen gemäß VerschlG wahrnimmt.
Leiter des Unternehmens ist in der Regel die zur Vertretung des Unternehmers befugte Person, z.B. ein Mitglied einer Ein-Personen-Geschäftsführung oder eines anderen Ein-Personen-Leitungsorgans, oder, wenn das Organ aus mehreren Personen besteht, das gesamte Organ oder ein oder mehrere Mitglieder dieses Organs, die zumindest durch einen Beschluss der Geschäftsführung zum Geschäftsführer des Unternehmers bestimmt wurden. Geschäftsführer des Unternehmers sind bei der offenen Handelsgesellschaft und der Gesellschaft bürgerlichen Rechts die geschäftsführenden Gesellschafter, bei der Partnerschaftsgesellschaft die geschäftsführenden Gesellschafter oder der Vorstand und bei der Kommanditgesellschaft und der Kommanditgesellschaft auf Aktien die geschäftsführenden Komplementäre der Gesellschaft.
Der Gesetzgeber erlaubt in begründeten Fällen, insbesondere im Hinblick auf die Geschäftstätigkeit des Auftragnehmers, z.B. wenn Materialien in verschiedenen Abteilungen (z.B. Ausschreibungsabteilung, Brückendirektion) verstreut sind, die Einrichtung von mehr als einer Registratur.
Anforderungen an die Registratur
Die Anforderungen an die Registratur umfassen Folgendes:
- räumliche und technische Anforderungen – z.B. Einbruchsicherung, Überwachung, Zugangskontrolle
- personelle Anforderungen – z.B. Beschäftigung eines Leiters mit Sicherheitsfreigabe und entsprechendem Geheimhaltungsgrad
- Arbeitsorganisation – z.B. Verzeichnis von Verschlusssachen, Kontrolle des Dokumentenflusses
Wichtige Maßnahme – Ernennung eines Bevollmächtigten für den Schutz von Verschlusssachen
Damit ein Auftragnehmer mit Verschlusssachen umgehen kann, muss er einen Bevollmächtigten für Verschlusssachen bestellen. Dieser ist für die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften zum Schutz von Verschlusssachen, Aufzeichnungen und die Beaufsichtigung der Arbeit der Registratur zuständig.
Der Bevollmächtigte für Verschlusssachen, der im Gesetz als „Sicherheitsbevollmächtigter“ bezeichnet wird, wird durch den Leiter der Organisationseinheit angestellt. Die Anforderungen, die der Bevollmächtigte erfüllen muss, sowie seine Aufgaben sind in dem betreffenden Gesetz und in Verordnungen festgelegt, unter anderem in der Verordnung über die einzelnen Aufgaben von Bevollmächtigten für den Schutz von Verschlusssachen in den dem Minister für nationale Verteidigung unterstellten oder von ihm beaufsichtigten Einheiten. Es gibt eine ganze Reihe von Vorschriften, so dass es hilfreich sein kann, bei der ordnungsgemäßen Einsetzung des Bevollmächtigten externe Juristen zu konsultieren.
Eine wichtige Voraussetzung für einen ist das Vorliegen eines entsprechenden Sicherheitszertifikats das entweder durch den polnischen Inlandsgeheimdienst (Agencja Bezpieczeństwa Wewnętrznego, ABW) oder Militärischen Nachrichtendienst (Służba Kontrwywiadu Wojskowego, SKW) ausgestellt wird. Das Zertifikat belegt, dass die jeweilige Person die Geheimhaltung gewährt. Für Sicherheitsbevollmächtigte und ihre Stellvertreter wird ein erweitertes Sicherheitsüberprüfungsverfahren durchgeführt, ähnlich wie für den Leiter der jeweiligen Organisationseinheit.
Die Aufgaben des Sicherheitsbevollmächtigten sind in Art. 15 Abs. 1 VerschlG dargelegt und beziehen sich auf die physische Sicherheit, die persönliche Sicherheit, die IKT-Sicherheit und die Kontrolle des Schutzes von Verschlusssachen. Der Sicherheitsbevollmächtigte nimmt seine Aufgaben mit Unterstützung der Sicherheitsabteilung, d.h. einer separaten und untergeordneten Organisationseinheit für den Schutz von Verschlusssachen, wahr.
Standort und Vorbereitung der Infrastruktur der Registratur
Der Standort der Registratur ist ein Schlüsselelement. Der Ort, an dem Verschlusssachen aufbewahrt und bearbeitet werden, muss eine Reihe technischer und physischer Anforderungen erfüllen und den Schutz der Grenzen des Ortes gewährleisten, an dem Verschlusssachen bearbeitet werden.
Wichtig ist auch, dass die geheime Registratur über Bereiche mit unterschiedlichen Sicherheitsstufen verfügt (je nach Geheimhaltungsgrad der gespeicherten Dokumente).
Physische Sicherheit:
- Der Registraturraum muss abgetrennt und angemessen gesichert sein (Zahlenschloss-System, Überwachung, Zugangskontrollsysteme, Verkehrsüberwachungssysteme, die eine ständige Überwachung der Registratur gewährleisten).
- Gepanzerte Schränke oder Tresore für die Aufbewahrung von Verschlusssachen müssen den Anforderungen für den Geheimhaltungsgrad der darin aufzubewahrenden Informationen genügen.
- Physische Sicherheit – der Zugang zur Registratur sollte auf Personen mit entsprechender Berechtigung beschränkt sein. Von Unternehmen kann verlangt werden, dass sie eine Videoüberwachung installieren und den Raum physisch sichern.
Technische Sicherheitsvorkehrungen:
- IT-Systeme, die zur Verarbeitung von Verschlusssachen verwendet werden, müssen den Anforderungen des Gesetzes zum Schutz von Verschlusssachen entsprechen. Dazu gehören die Verwendung zertifizierter Datenverschlüsselungssoftware, Virenschutz und andere Sicherheitsmaßnahmen.
IKT-Sicherheit – bei Verteidigungsprojekten ist häufig auch die Implementierung von Systemen erforderlich, die den NATO- oder EU-Standards entsprechen, was eine zusätzliche Zertifizierung erfordern kann.
Verwaltung von Verschlusssachen
Die Registratur muss alle Verschlusssachen, die in der Ausschreibungsphase anfallen, genauestens registrieren:
1 Registrierung von Dokumenten – jedes als Verschlusssache eingestufte Dokument muss registriert und der für die Aufbewahrung und Bearbeitung zuständigen Person zugewiesen werden.
2 Verfahren zur Vernichtung von Dokumenten – als Verschlusssache eingestufte Dokumente müssen nach bestimmten Verfahren vernichtet werden, z.B. mit speziellen Schreddern, die sicherstellen, dass der Inhalt des Dokuments nicht wiederhergestellt werden kann.
3 Aufbewahrung von Dokumenten – Verschlusssachen müssen in speziellen Tresoren oder Schränken aufbewahrt werden, die für die Aufbewahrung von Verschlusssachen zugelassen sind.
Erlangung eines industriellen Sicherheitszertifikats
Auftragnehmer, die sich an öffentlichen Ausschreibungen für Verteidigungs- und Sicherheitsprojekte beteiligen möchten, die den Zugang zu Verschlusssachen mit der Klausel: „vertraulich“, „geheim“ oder „streng geheim“, müssen ein industrielles Sicherheitszertifikat erwerben.
Der Grund für einen Unternehmer, die Einleitung eines industriellen Sicherheitsverfahrens und die Ausstellung eines industriellen Sicherheitszertifikats zu beantragen, ist die Absicht des Unternehmers, Aufträge auszuführen, die den Zugang zu Verschlusssachen mit der Klausel „vertraulich“ oder höher betreffen. Dieses Dokument wird vom polnischen Inlandsgeheimdienst oder dem Militärischen Nachrichtendienst nach der Durchführung eines industriellen Sicherheitsverfahrens (das Gesetz verwendet eine solche nicht standardisierte Bezeichnung) ausgestellt, das darauf abzielt, festzustellen, ob der Unternehmer in der Lage ist, Verschlusssachen mit der im Antrag auf ein industrielles Sicherheitszertifikat angegebenen Sicherheitseinstufung und dem entsprechenden Grad des Zertifikats zu schützen.
Es gibt drei Arten industrieller Sicherheitszertifikate, je nachdem, inwieweit sie die Fähigkeit zum Schutz von Verschlusssachen bestätigen. Der Zeitraum, für den ein industrielles Sicherheitszertifikat ausgestellt wird, das die Fähigkeit zum Schutz von Verschlusssachen bestätigt, hängt von der Art des Geheimhaltungsgrades ab.
Im Rahmen der Untersuchung der industriellen Sicherheit wird eine Überprüfung des Unternehmens durchgeführt, und Personen, die Zugang zu Verschlusssachen haben sollen, werden einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen.
Einholung von Bescheinigungen für das Personal
Mitarbeiter von Auftragnehmern, die Zugang zu Verschlusssachen haben, müssen einer entsprechende Sicherheitsüberprüfung standhalten. Dabei handelt es sich um ein Verfahren, bei dem Dienste wie der Inlandsgeheimdienst oder Militärische Nachrichtendienst eine Sicherheitsüberprüfung durchführen, um sicherzustellen, dass die Person die nationalen Sicherheitskriterien erfüllt und mit Verschlusssachen arbeiten kann.
Das Überprüfungsverfahren wird auf Antragstellung des Auftragnehmers beim Inlandsgeheimdienst oder Militärischen Nachrichtendienst eingeleitet und kann mehrere Monate dauern. Sicherheitsermächtigungen können je nach Art der Informationen, zu denen eine Person Zugang haben soll, in verschiedenen Stufen erteilt werden: „eingeschränkt“, „vertraulich“, „geheim“, „streng geheim“.
Darüber hinaus sollte jeder Mitarbeiter eine Schulung in Bezug auf Informationsschutzbestimmungen, Sicherheitsverfahren und Regeln für den Umgang mit Verschlusssachen erhalten. Eine der Anlagen zum Lastenheft bei Verteidigungs- und Sicherheitsprojekten ist eine Liste der vom Auftragnehmer mit der Ausführung des öffentlichen Auftrags beauftragten Personen, die unter anderem eine schriftliche Ermächtigung des Leiters der Organisationseinheit, die den Zugang zu Verschlusssachen genehmigt, oder eine Sicherheitsüberprüfung sowie eine aktuelle Bescheinigung über die Teilnahme an einer Schulung zum Schutz von Verschlusssachen enthält.
Die Einrichtung einer Registratur ist ein kontinuierlicher Prozess. Regelmäßige interne und externe Audits durch autorisierte Stellen (ABW, SKW) sind unerlässlich. Mit diesen Audits soll überprüft werden, ob die Registratur im Einklang mit den geltenden Vorschriften arbeitet und ob es zu Verstößen gekommen ist.
Die Erfüllung aller Anforderungen im Zusammenhang mit dem Schutz von Verschlusssachen ist ein wichtiger Schritt für Auftragnehmer, die sich an öffentlichen Ausschreibungen für Verteidigungsprojekte beteiligen wollen. Dieser Prozess erfordert ein Engagement auf vielen Ebenen – von der Einholung von Sicherheitsbescheinigungen über die Vorbereitung der Infrastruktur einer Registratur bis hin zur Erlangung eines industriellen Sicherheitszertifikats. Eine angemessene Vorbereitung und Erfüllung der formalen Anforderungen ermöglicht die legale und sichere Verarbeitung von Verschlusssachen und erhöht die Erfolgschancen bei Verteidigungsprojekten. Es ist daher ratsam, sich bei der Einrichtung einer Geheimregistratur von Juristen beraten zu lassen.
Die vorliegenden Informationen sind einleitenden Charakters, die Problematik wird durch eine Reihe unabhängiger Rechtsvorschriften geregelt. Wenn Ihr Unternehmen beabsichtigt, sich um einen Auftrag im Zusammenhang mit dem Zugang zu Verschlusssachen im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung für Verteidigungs- und Militärinvestitionen zu bewerben, beraten Sie unsere Experten gerne über mögliche Lösungen und bereiten die erforderlichen Unterlagen vor.
Das Prozess- und Schiedsgerichtsteam der JDP verfügt über exzellente Erfahrungen mit dieser Art von Projekten.
Kontakt:
Wojciech Bazan – adwokat (Rechtsanwalt PL) | Partner im Fachbereich Gerichts- und Schiedsverfahren
Martyna Strzelińska – Associate im Fachbereich Gerichts- und Schiedsverfahren